Monferrato Wappen Herz
Monferrato Wappen Herz

Monferrato – der unterschätzte Nachbar der Langhe oder das wilde Hügelland neben den Stars

Das Monferrato ist so etwas wie der ungeschliffene Diamant des Piemont. Keine große Bühne, kein touristisches Spektakel – stattdessen sanfte Hügel, uralte Weinberge und kleine Dörfer aus hellem “Pietra da Cantoni”, dem lokalen Sandstein, der aussieht, als hätte er die Geschichte gleich mit aufgesogen.

Kein Wunder, dass die UNESCO gesagt hat: Weltkulturerbe, bitte schön!

Die Region zieht sich von Alessandria bis Asti, reicht bis an die ersten Höhen des ligurischen Apennins und grenzt an die berühmten Nachbarn Langhe und Roero. Neben den beiden Bigplayern lebt das Monferrato seinen eigenen Stil – irgendwo zwischen Naturidylle, tief verwurzelter Kultur und einer authentischen Küche, die jeden Gaumen tanzen lässt.

Alle kennen Alba, Barolo und der Langhe. Trüffel-Feste (gibt’s auch im Monferrato), volle Restaurants, Nebbiolo soweit das Auge reicht. Aber wer einmal links oder rechts von der Hauptroute fährt, landet im Monferrato und will dort nie wieder weg. Es fühlt sich sofort anders an: weniger Tourismus, viel, viel mehr Natur, viel Freundlichkeit, viel Gelassenheit und ganz viel Platz zum Durchatmen.

Hügel, so weit das Auge reicht

Das Monferrato ist riesig und hügelig – und damit man nicht völlig den Überblick verliert, hat man es in vier Abschnitte geteilt. Oben, nördlich der Linie Alessandria–Asti, liegt das Basso Monferrato. Unten, im Süden, das Alto Monferrato. Klingt logisch, aber auf der Karte wirkt’s verdreht: „Basso“ liegt nämlich oben, „Alto“ unten. Die Erklärung ist simpel: Das Alto zieht sich bis in den ligurischen Apennin und liegt einfach höher.

Und dann teilen auch noch die Provinzen Asti und Alessandria das Ganze von Nord nach Süd. Voilà: vier verschiedene Monferrato.

  • Basso Monferrato Casalese (nordöstlich, Alessandria)

  • Basso Monferrato Astigiano (nordwestlich, Asti)

  • Alto Monferrato di Acqui, Ovada & Gavi (südöstlich, Alessandria)

  • Alto Monferrato Astigiano (südwestlich, Asti)

Das Einzige, was wirklich überall wächst? Haselnüsse und Barbera.

Geschichte voller Herrscher und Grenzen

So unterschiedlich die Landschaften heute sind, eine Sache verbindet sie: ihre Vergangenheit. Über Jahrhunderte regierten hier die Markgrafen und später die Herzöge von Monferrato – erst die Aleramici, dann die Paleologi, später die Gonzaga. Woher der Name Monferrato eigentlich kommt, weiß bis heute niemand so genau.

Und die Grenzen? Ein ständiges Hin und Her. Im 15. Jahrhundert lag zwischen Alto und Basso mal französisches Asti, mal spanisches Mailand. Wer damals quer durchs Land wollte, musste gleich zwei Mal die Grenze überqueren.

Das Monferrato ist nicht nur Weinland – es ist ein echtes Lebensgefühl.

Zwischen den Hügeln verstecken sich Bauernhöfe, die den allerbesten Käse, Honig, Butter und vieles mehr nach alter Tradition produzieren.

Die weltberühmten Fassona-Rinder führen ein glückliches Leben auf Kräuterwiesen – was man in der verarbeitenden Version dann schmeckt – es gibt kein besseres Rindfleisch.

Am Samstag triffst du dich auf dem Wochenmarkt und sonntags stöberst du auf einem der tollen, echten Flohmärkte nach alten Schätzen. Dazwischen wird immer wieder gegessen (keine Diät in Italien planen), geredet und gelacht.

Dann ist da noch Asti: Dort rennen beim traditionsreichen Palio – ähnlich dem weltberühmten in Sienna, nicht nur Pferde, sondern auch Esel um die Wette – ein Fest, das genauso charmant wie verrückt ist.

Kulinarisch hat das Monferrato ohnehin seine eigene Handschrift: Nusstorten, so saftig wie die Nonna sie gebacken hat, stehen gleichberechtigt neben Agnolotti, gefüllt mit zartem Fassona-Rind. Alles zu fairen Preisen, aber mit einer Qualität, die locker mit den anderen großen Gourmet-Regionen mithalten kann.

Wer die Gegend wirklich verstehen will, fährt raus auf die kleinen Landstraßen, hoch zu den Kämmen der Hügel. Von dort reicht der Blick bis zum Monte Bianco.

Unser Tipp: Am schönsten wird die Fahrt, wenn man sie in einem alten Fiat Panda 4×4 macht. Der hat zwar nicht viele PS, schafft die Steigungen aber locker und ist gefühlt noch immer das beliebteste Vehikel vor Ort.

Monferrato, das ist Piemont ohne Filter: echt, herzhaft, ein bisschen eigenwillig – und genau deshalb so toll.